Am Freitag um 17.00 Uhr holte Joan mich am Büro ab und wir fuhren nach Bellpuig, wo wir uns eine Stunde später mit David und Eva trafen. Ohne weitere Zeit zu verlieren machten wir uns auf den Weg nach Fougaron. Kurz hinter der spanisch-französischen Grenze hielten wir kurz an, um eine Pizza zu essen.
Für französische Verhältnisse kamen wir sicherlich spät am Hostal an, in dem wir zwei Zimmer reserviert hatten. Ich glaube es war etwa 22.45 Uhr, nach zunächst zaghaften, dann stärkerem Klopfen machte eine recht alte aber sehr nette Frau uns jedoch trotzdem die Tür auf. Wir verabredeten uns mit ihr gegen 08.00 Uhr zum Frühstück. Nach dem Frühstück machten wir uns sofort auf den Weg zur Gouffre "Pont de Gerbaux" (PdG). Den Zugang zum Wald und auch die Parkmöglichkeit für Joans Auto fanden wir problemlos. Gegen 09.45 waren wir höhlenmässig eingekleidet und machten uns zu Fuss, mit Seilen und anderem Höhlenmaterial bepackt, an den Fussweg. Da wir wegen der schlechten Wegbeschreibung und vieler umgefallener Bäume zunächst nicht die entscheidende Abzweigung zur Höhle fanden, brauchten wir etwas länger als geplant, doch um 11.30 Uhr standen wir am Rand der recht grossen Doline der PdG, an der ich mich vor 4,5 Jahren schonmal befunden hatte, als wir die Tour Trou Mile - PdG gemacht hatten.
In der Doline der Pont de GerbauxWir hatten vor, uns zum Höhlenausgang Pène Blanque zu begeben und planten dafür mindestens 10 Stunden Weg ein. An Material hatten wir nun nur noch zwei Seile (30m, 35m), Neoprenanzüge, solchen Kram wie Ersatzbatterien, Messer und Erste-Hilfe-Kit und etwas Essen sowie Trinken dabei.
Der erste grosse Zweifel bezüglich des richtigen Weges übekam uns bereits hier. Meine Erinnerung sagte mir klar, dass wir nach "links" müssen, doch der auf unserem Topografieplan eingezeichnete Weg stimmte nicht mit ihr überein. Nach einer ausgiebigen Prospektion nach "rechts" und langen Minuten des Diskutierens entschieden wir uns dann doch für "links", hatten jedoch fast eine Stunde verloren. Genau diese Art von Zweifel begleitete uns während des gesamten Ausflugs. Fast nie hatten wir eine genaue Idee davon, wo genau wir uns auf dem Plan des Höhlensystems befinden, weshalb wir immer froh waren, wenn die schriftliche Beschreibung der Tour mit dem von uns Vorgefundenem übereinstimmte.
Die Tour selbst stellte uns vor wenig technische Schwierigkeiten. In der Gallerie am Fusse der PdG gilt es den einen oder anderen Schacht mit Hilfe horizontaler Fixseilstrecken zu überqueren und sich einige Male wenige Meter abzuseilen und schon erreicht man den Abstieg zum aktiven Höhlenteil. Am Eingang des vom Fluss durchflossenen Tunnels tauscheten wir unseren warmen, inneren Höhlenanzug aus Fleece gegen einen aus Neopren, und begaben uns in den nassen Teil. Zunächst durchwateten wir in einem etwa einen Meter breiten Tunnel, der sich allerdings immer mal wieder nach links und rechts öffnet in knie- bis hüfttiefem Wasser. Schon bald jedoch gelangten wir zu den ersten Schächten, die wir uns mit einem Wasserfall teilten. Wir versuchten hier zwar noch so trocken wie möglich zu bleiben, doch war das immer nebensächlicher, je weiter wir in die Höhle vordrangen. Mitunder stand uns nun das Wasser bis zum Hals und an einigen Punkten konnten wir gerade noch mit dem Kopf über Wasser unter Felsvorsprüngen hindurch. Bei geringfügig höherem Wasserstand hätten uns 3 oder 4 Punkte vor ernste Probleme gestellt.
Unterhalb zweier etwas tieferer Wasserfälle war es ziemlich leidvoll, darauf zu warten, dass sich alle 4 Personen abgeseilt haben, um dann das Seil einzuholen da die Luft voller Gischt war und es stark windete. Genau diese Kombination saugt einem förmlich die Körperwärme aus dem Leib und man fängt schnell an sehr zu zittern. Nach 5 Stunden, die wir im Wasser verbrachten führte uns der Weg endlich wieder in fossile Höhlenregionen, was mich sehr beruhigte. Sollten wir hier irgendein Problem haben, so könnte man zumindest ausruhen, warten oder es zumindest in Ruhe lösen - Dinge die im nassen Höhlenteil ohne Risiko definitiv nicht möglich sind. Zunächst zogen tauschten wir wieder Neopren gegen Fleece zurück und machten eine ausgiebige Pause.
Obwohl die Zweifel bezüglich des Weges wieder häufiger wurden fanden wir stets den richtigen Weg, der uns nun hauptsächlich bergauf führte, wobei wir mithilfe teilweise spektakulärer Fixseilinstallationen Schluchten und Schächte überquerten, weitläufige Hallen kreuzten aber auch Engstellen durchkrochen und -kletterten. In einem weitläufigen Tunnel durch den man bequem mit einer U-Bahn fahren könnte, stiessen wir auf eine Art Streifenhörnchen. Obwohl es zunächst schien dass es sich hierher verlaufen haben muss, machte es einen quickfidelen Eindruck. Ich vermute, dass es einen bislang unentdeckten, kleinen Höhleneingang kennt, der näher an der Galerie liegt als unser Ein- oder Ausgang (10h hinter bzw. 4,5 Stunden vor uns).
Je weiter wir fortschritten, desto schmutziger wurde es in der Höhle, wodurch sich andeutete, dass wir uns dem Ausgang näherten. Nach einem letzten Aufseilen durch einen engen Schacht und weiteren Fixseilen gelangten wir letztendlich in den "laminador" der mir bereits Angst bereitet hatte, bevor wir uns morgens einseilten. Nach 14 Stunden in der Höhle kann aber auch das Kriechen durch einen niedrigen Tunnel einen nicht mehr beeindrucken, wenn man weiss, dass sich am anderen Ende der Ausgang befindet. Ausserdem handelt es sich gar nicht um einen richtiegen Kriechtunnel. Er ist gerade so hoch, dass es zu ungemütlich ist, sich gebückt fortzubewegen und man schliesslich doch lieber auf allen Vieren kriecht.
Am Ausgang wurden wir von vielen Fledermäusen und strömenden Regen empfangen. Wir hatten mit 14,5 Stunden etwa 2 Stunden länger für die Höhlentour gebraucht, als wir für den Idealfall angenommen hatten. Zumindest ich bin damit durchaus zufrieden, da ich denke, dass es wesentlich einfacher ist, sich in der Höhle zu verlaufen und den Ausgang nicht (auf Anhieb) zu finden, als umgekehrt.
David, Eva, ich am Höhlenausgang (Pène Blanque)Wie abgemacht fanden wir die Eingangstür nicht abgeschlossen vor und gaben uns um Punkt 05.00 Uhr dem wohlverdienten Schlaf hin.
Um 09.00 Uhr weckte David mich bereits wieder auf, um die Seile auszubauen, an denen wir uns am Vortag in PdG abgeseilt hatten. Eine Arbeit, für die ich mich freiwillig meldete, wobei Joan und David mich allerdings sehr sehr freundlicherweise begleiteten. (Eva war anscheinend noch müde)
Zwei Momente sind erwähnenswert: der, an dem ich merkte, dass ich meinen Pantin am Tag zuvor verloren hatte, und der, in dem ich in die ekelhaftesten, nassesten Klamotten stieg, die ich je am Leib getragen habe.
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