Dec 14, 2008

GEXXI - Avenc del Balconet

In Lleida gibt es eine ehemals sehr potente Höhlenforschergruppe namens GELL (Grup Espeleològic de LLeida). Wie viele andere Gruppen auch befindet sich der GELL in einer Art Auflösungsprozess. Zur Zeit gibt es noch 5 Mitglieder, von denen nur 3 mehr oder weniger aktiv sind. Am Samstag lernte ich 2 dieser noch aktiven kennen. Einer der beiden ist GEXXI-Mitglied und hatte uns GEXXIologen eingeladen, eine erst im Januar 2008 vom GELL entdeckte Höhle zu besuchen: Den Avenc del Balconet im Montsec. Joan, David, Raúl, Manel, Mary und ich kamen der Einladung nach. Die Gastgeber hiessen Lluís P. und Jaume.
Kurios finde ich die Entdeckungsgeschichte der Höhle: an einem trockenen Tag im Januar 2008 fanden die beiden einen Fleck Feuchtigkeit auf dem Boden. Ich hätte wahrscheinlich angenommen, dass dort ein Wildschwein gepinkelt hat, doch Lluís und Jaume war der Fleck Anlass genug zu buddeln. Nach etwa einem Meter Geröll hatten sie ein Loch geöffnet, aus dem ein starker, eher warmer Wind bliess. Dieses Loch öffneten sie, bis es etwa einen Durchmesser von 3 Metern hatte. Bis zum November 2008 konnten sie bereits etwa 160m tief in dieses Loch vordringen, womit sie eine der tiefsten Höhlen der Region entdeckt haben. Da die Höhle ein kompliziertes Spaltensystem ist, gibt es viele Punkte, an denen man eventuell noch weiter vordringen könnte, so dass die Höhle im Laufe weiterer Explorationen womöglich noch an Tiefe und ganz gewiss an Länge gewinnen wird. Eigentlich waren wir angereist um bei dieser "Höhlenforschung" behilflich zu sein, doch irgendwie wurde dann doch nur wieder ein eher touristischer Höhlenbesuch daraus.Mit drei Geländewagen fuhren wir bis zum Höhleneinstieg. Die Seile waren bereits installiert. Der warme Wind, der uns aus dem Loch entgegenblies war so stark, dass er Staub und Sand herausblies, wobei er ganz besonders auf die Augen zu zielen schien. Es ist hauptsächlich dieser Wind, der vermuten lässt, dass die Höhle noch für weitere positive Überraschungen gut ist. Jaume stieg als erster ein, Dann David, Joan, ich, Manel und der Rest. Die Höhle ist eng und überall rauh und scharfkantig. Ständig bleibt man irgendwo hängen oder muss sich auf spitzen, scharfen Felskanten abstützen, so dass nach kurzer Zeit besonders die Knie, Schienbeine und Ellenbogen darunter leiden, wenn man es so falsch macht wie ich. Dies erschwert das Vorankommen, was besonders im Eingangsbereich stört, weil der Wind einem aunaufhörlich Sand in die Augen bläst und man eigentlich gern so schnell wie möglich an Tiefe gewinnen will, raus aus diesem winigen Engpass.
Die Höhle ist tektonischer Art, enstanden durch einen Erdrutsch vor vielen Jahren, sehr vielen Jahren, wahrscheinlich einer Grössenordnung von hunderttausenden bis millionen von Jahren. Dieser Erdrutsch hat Spalten im Gestein hinterlassen, die die Höhle bilden, und in die Spalten sind Steine und grosse Felsbrocken gefallen, von denen viele auf halbem Weg zwischen den Wänden steckengeblieben oder auf grösseren, zwischen den Wänden steckengebliebenen Brocken zu liegen gekommen sind. Das gefährliche an dieser Art von Höhlen ist, dass es sich nicht vermeiden lässt Steine loszutreten, die auf ihrem Weg in die Tiefe mehr Steine mitreissen und eine ernste Gefahr für die sich bereits tiefer befindlichen Höhlenkollegen darstellen. Dies gilt um so mehr, wenn es sich um neu entdeckte und wenig besuchte Höhlen handelt, in denen die allermeisten Steine noch nicht zu Fall gebracht wurden. Mehr als einmal, meistens beim Durchsteigen kleiner Lücken zwischen grossen Blöcken, dachte ich auf meinem Weg in die Tiefe, dass es nicht unmöglich ist, dass der Letzte von uns einen falschen Stein anfasst, die Blöcke fallen und uns den Weg nach Aussen versperren.....Dinge die man denkt, die aber zum Glück nicht passieren. Doch wenn sie mal passieren sollten, dann ganz gewiss vorrangig in genau solchen Höhlen wie dem Avenc del Balconet.
Raúl aus Zaragoza im Einsatz
Eigentlich gibt es nur einen Ort in der Höhle, der die Bezeichnung Saal verdient, und in dem man nicht Kontakt zu mehr als einer Wand hat. In diesen Saal gelangt man von oben, aus einer engen Spalte kommend. Es wird sich jedoch nicht abgeseilt, sondern man verklemmt sich einfach ein wenig zwischen den Wänden und steigt auf diese Weise hinab. Sollte man fallen, so braucht man sich einfach nur dick zu machen und würde auf diese Weise schnell den Fall bremsen. Vom Saal aus nahmen wir den Weg zum tiefsten erforschten Punkt, während David und Lluís noch irgendwo etwas zu topografieren fanden. Mir war frühzeitig klar, dass es sich um keine schöne Höhle zum geniessen handelt. Die Höhle gefällt mir echt nicht besonders aber sie hat etwas Sportliches an sich und in guter Gesellschaft macht Leiden ja trotzdem Spass. Und wer weiss, vielleicht lässt sich ja auch noch ein grosser Saal oder ein unterirdisches Bächlein finden, glattgewaschene weisse Wände und Tropfsteine....von Joan angetrieben machten wir uns daran, am tiefsten Punkt der Höhle Steinde und Blöcke zu heben, jedoch nur um mehr Steine unter ihnen zu finden und keinen Luftzug, der eine Fortsetzung vermuten lässt.
Mal gucken, was die nächsten Monate an weiteren Informationen bringen und wie der Topographieplan der Höhle aussieht, dessen Erstellung demnächst in Angriff genommen wird. Ich schliesse nicht aus, dass ich nochmal ein Wochenende zum Arbeiten zum Avenc del Balconet zurückkehre...
Den letzten Teil des Aufstiegs machte ich als erster. Als ich mit dem letzten Tageslicht wieder unter freien Himmel kam, wandelte sich der draussen fallende Regen gerade in Schneeregen um. Um der Gefahr fallender Steine zu entgehen wartete der Zweite in sicherer Tiefe hinter einer Kurve auf seinen Turn, den er erst begann, nachdem eine Weile lang keine Steine mehr fielen. Durch dieses Vorgehen dauerte es sehr lange, bis der nächste draussen ankam...da war mir bereits ziemlich kalt. Manel kam als vierter und war der erste mit einem Autoschlüssel. Mittlerweile war es absolut dunkel und es schneite gefrorenes Wasser vom Himmel. In Manels Auto konnte ich mich in einem seiner Pullover gehüllt etwas aufwärmen bis dann auch Joan kam und mir den Zugang zu meinen Klamotten ermöglichte.
Dann ging alles so schnell wie es nur ging. Wir fuhren über verschneite Bergpisten zurück ins Dorf, Joan und ich verabschiedeten uns von den anderen, die sich in eine Bar zurückzogen um das weitere Vorgehen zu besprechen und um 9 war ich zu Hause, gerade rechtzeitig um mich umzuziehen bevor ein paar Freunde kamen, mit denen Lisa und ich uns für's Theater verabredet hatten.
(Gracies a Manel i Joan per deixar-se robar les fotos!)

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