Die Via Moskowa hat für mich etwas Mystisches. Allein schon der Name ..... Moskowa .... hört sich ungeheuer schwer an, finde ich. Wahrscheinlich so schwer, dass da erstmal Russen kommen mussten um jene Route erstzubesteigen. Ausserdem befindet sie sich direkt auf der entgegengesetzten Seite der Normalroute auf den Vignemale, vom sehr steil aufsteigenden Westen her, anstatt über den relativ sanften Ostgletscher. Seit ich also vor etwa 5 Jahren zum ersten Mal von der Moskowa hörte, hatte ich irgendwie Respekt vor ihr und so kann es nicht verwundern, dass ich diese Route vorschlug, als Xavi mich vor einigen Monaten fragte, ob ich auf den Vignemal mit ihm wolle.
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Tag 1 in Rot, Tag 2 in Grün und Tag 3 in Rosa |
Seitdem hatte ich mich etwas genauer informiert und erfahren, dass man die Moskowa vom Tal des Flusses Ara her aufsucht, wofür man zunächst nach Bujaruelo fährt, wo man das Auto abstellen kann. Dorthin also, von wo aus man die Höhlenroute T1-Sta. Helena startet, die ich bereits zweimal machte. Dann begibt man sich ins Tal zu einer unbewirteten Berghütte und von dort aus geht es 1500 Höhenmeter recht steil und anstrengend aufwärts zum Coll Lady Lister - noch so ein komischer Name. Der Aufstieg beinhaltet eine Schlüsselstelle auf 3000m - den Moskowa Schlot, den es zunächst einmal unbedingt zu finden, und dann zu überwinden gilt. Geht eines von beiden schief, so kann man sich entweder in unmöglich schwerem Gelände wiederfinden, oder aber man muss all die ganzen schönen Höhenmeter wieder runter und hat einen ganzen Tag und viel Kraft in den Sand gesetzt.
Nach und nach lernte ich, dass der Schlot gar nicht so lang ist (ich hatte mir hunderte von Metern vorgestellt), mehr als ein Blog beschrieb ihn jedoch trotzdem als schwer zu überwinden. Fazit: ich hatte durchaus ein bisschen Schiss, dass die Route zu schwer für mich sei.
Doch bevor ich unseren Ausflug beschreibe, möchte ich noch etwas anderes erwähnen: Der Vignemale ist eng mit zwei Namen verbunden: Sir Henry Russel und Lady Lister. Die Wikipedia hält diese beiden empfehlenswerten Artikel zum detaillierten Lesen bereit.
Am Mittwoch den 06.07. fuhren Xavi und ich nach Bujaruelo. Gegen 19.20 Uhr kamen wir dort an, und ohne viel Zeit zu verlieren machten wir uns auf den Weg. Dieser führte uns zunächst durch einen Wald und später über von Blumen gespickte Wiesen. Bei Einbruch der Dunkelheit - so gegen 21.30 Uhr - kamen wir an der Cerbillona-Hütte an, einem Schuppen ohne Tür, in dem es ausser 4 Wänden, einem Dach, einem Fussboden und einer sehr nachtaktiven und hungrigen Maus nichts weiter gibt. Und irgendwie hatte sie es auf mein Essen abgesehen, was sie mir, zumindest in jener Nacht, sehr unsympathisch machte. Vor der Hütte wiederrum trieb sich eine Horde von Kühen herum, die sich ebenfalls für meinen Rucksack interessierten, nachdem ich diesen hinausgestellt hatte, um ihn vor dem hungrigen Nager zu schützen. Ich hatte eine eher schlaflose Nacht (im Gegensatz zu Xavi, der von dem Spektakel kaum was mitkriegte).
Wir hatten ordentlich Kühe vor der Hütte |
Xavi vor unserer Hütte |
Nachdem die Nacht endlich zuende war, verliessen wir unser Hütte und begutachteten das Wetter, doch was wir sahen gefiel uns nicht sehr gut. Genau wie vom Wetterdienst angekündigt, war es ziemlich bewölkt und es sah nach Regen aus. Wir beschlossen, noch zwei weitere Stunden zu schlafen und zu hoffen, dass es sich etwas abregne und die Sonne die Wolken vertreibe. Um 9.00 standen wir zum zweiten Male auf. Es hatte sich zwar nichts an der Situation geändert aber das kann man ja auch positiv werten ... wir gingen los in Richtung Moskowa. Von Anfang an ging es steil hinauf nach Osten. Hier kam uns durchaus zu Gute, dass es keinesfalls warm war, da wir sonst sehr geschwitzt hätten. Nach und nach wichen die Blumenwiesen Steinwüsten und den ersten Schneezungen.
Dort sollte es hinaufgehen |
Farbtupfer |
Wolkenspiele über zunehmend kargerem Terrain |
Der Weg war technisch zwar keineswegs schwierig, da es sich um simples Bergaufwandern handelte, jedoch sehr anstrengend, so dass es uns nach einer Weile so vorkam, als wären wir bereits seit Ewigkeiten unterwegs. Ein Blick auf Uhr und Höhenmesser sagte uns jedoch, dass wir mit 3 Stunden für 1000 Höhenmeter durchaus gut zu Fuss waren, ganz besonders, wenn man beachtet, dass wir recht bepackt unterwegs waren. Just unterhalb der Wolkengrenze machten wir eine letzte Pause zu Füssen der Steilwände der von uns zu bezwingenden Bergkette.
Als Nächstes galt es den Moskowa-Schlot aufzuspüren. Dies war zum Glück nicht weiter schwierig, denn anders, als ich es in dem einen oder anderen Blog gelesen hatte, gab es eine ganze Menge uns den Weg weisender Steinmännchen. Ein weiterer Anstieg brachte uns zum Einstieg des Schlots:
Anstieg |
Fast am Einstieg |
Es stellte sich schnell heraus, dass ddiese Schlüsselstelle, vor der ich soviel Respekt gehabt hatte, keinesfalls schwer zu überwinden ist. Man muss zwar ein bisschen klettern, jedoch ist der Fels stabil und bietet sehr gute Griffe und Tritte. Auch ist der Schlot lange nicht so steil und hoch, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Ich würde schätzen, dass wir ihn nach nur 20 Metern bereits überwunden hatten. Alles in Allem war es eine witzige Stelle, eine willkommene Unterbrechung der Steil-Berg-Hoch-Geh-Monotonie, die den Tag bisher geprägt hatte. Diesen Punkt überwunden, galt es einen etwas luftigen Grat zu beschreiten und gleich darauf bog der Weg nach echts ab, um nach etwa 50 Höhenmetern zum auf 3200m Höhe gelegenen Lady-Lister-Sattel zu gelangen. Zu unseren Füssen lag nun der Glacier d'Ossoue, und rechts und links umgaben uns die 3000er des Vignemale-Massivs.
Drei von denen hatten wir bereits vor Jahren bestiegen (Petit Vignemale, Piton Carré und Punta Chausenque) und dieses Mal sollten die meisten der Restlichen fallen. Direkt zu unserer Linken lag bereits der 3247m hohe Pic de la Cerbillona, der flux bezwungen war. Dann ging es hinunter zum Coll de la Cerbillona (3197m), wo es drei kleine, künstliche Höhlen gibt, die Lord Russel zu Lebzeiten dort in den Fels hat sprengen lassen. Da der Gletscher etwas an Volumen verloren hat, befinden sich diese Höhlen heute etwa in 5 - 8 Metern Höhe, mitten in der Wand. Ich versuchte zur niedrigsten zu klettern, musste jedoch direkt vor ihr feststellen, dass ich weder weiter vorwärts kam, noch zurück. Nach einigen Minuten des Zweifelns warf Xavi mir das Seil zu, das ich von dort lassomässig über eine im Höhleneingang in den Fels gehauenen Metallanker warf (was nicht sofort klappte). Eine Zehntelsekunde, nachdem ich das Seil in meinen Abseil-Achter gebunden, und mich mit einer Schlinge und einem Karabiner in diese geklippt hatte, rutschte ich und fiel ..... um nach nur 50cm sicher vom Seil gefangen zu werden, worauf ich mich die letzten 3 Meter abseilte. Vielleicht hätte ich mir auch nicht weh getan, wenn ich die paar Meter tief in den Schnee gefallen wäre, aber ich bin froh, dass es dazu nicht kam. Xavi nutzte nun das Seil und kletterte sicher zur Höhle hinauf. Sie stellte sich als sehr klein heraus und war nass, da ein grosser Eisblock in ihr langsam vor sich hin schmolz. Die anderen beiden Höhlen blieben unerreichbar für uns. Weiter ging's - hinauf zum Pic du Clot de la Hount (3289m).
Drei von denen hatten wir bereits vor Jahren bestiegen (Petit Vignemale, Piton Carré und Punta Chausenque) und dieses Mal sollten die meisten der Restlichen fallen. Direkt zu unserer Linken lag bereits der 3247m hohe Pic de la Cerbillona, der flux bezwungen war. Dann ging es hinunter zum Coll de la Cerbillona (3197m), wo es drei kleine, künstliche Höhlen gibt, die Lord Russel zu Lebzeiten dort in den Fels hat sprengen lassen. Da der Gletscher etwas an Volumen verloren hat, befinden sich diese Höhlen heute etwa in 5 - 8 Metern Höhe, mitten in der Wand. Ich versuchte zur niedrigsten zu klettern, musste jedoch direkt vor ihr feststellen, dass ich weder weiter vorwärts kam, noch zurück. Nach einigen Minuten des Zweifelns warf Xavi mir das Seil zu, das ich von dort lassomässig über eine im Höhleneingang in den Fels gehauenen Metallanker warf (was nicht sofort klappte). Eine Zehntelsekunde, nachdem ich das Seil in meinen Abseil-Achter gebunden, und mich mit einer Schlinge und einem Karabiner in diese geklippt hatte, rutschte ich und fiel ..... um nach nur 50cm sicher vom Seil gefangen zu werden, worauf ich mich die letzten 3 Meter abseilte. Vielleicht hätte ich mir auch nicht weh getan, wenn ich die paar Meter tief in den Schnee gefallen wäre, aber ich bin froh, dass es dazu nicht kam. Xavi nutzte nun das Seil und kletterte sicher zur Höhle hinauf. Sie stellte sich als sehr klein heraus und war nass, da ein grosser Eisblock in ihr langsam vor sich hin schmolz. Die anderen beiden Höhlen blieben unerreichbar für uns. Weiter ging's - hinauf zum Pic du Clot de la Hount (3289m).
Auch der war leicht. Als nächstes stand nun endlich der Gran Vignemale an, der ebenfalls über den Grat bezwungen werden wollte. An einem Punkt sah mir der Fels zu rutschig aus, und der Abgrund darunter zu tief, so dass wir beschlossen uns anzuseilen und uns gegenseitig zu sichern, wodurch auch diese Stelle schnell überwunden wurde. Etwas weniger als 7 Stunden, nachdem wir morgens losgewandert waren, machten wir auch diesen 3298m hohen Gipfel.
Xavi und ich am höchsten Punkt der französischen Pyrinäen |
Nur 10m unterhalb des Gipfels, und das wussten wir, gab es eine weitere künstliche Höhle. Diese stellte sich als super geeignet für ein Nachtlager heraus. Und da mir schon seit einiger Zeit kalt war, zögerte ich nicht lange, breitete Isomatte, Schlaf- und Biwacksack aus, zog mir all meine Kleidung an, die ich dabei hatte, und ging, nach einem Snack, den ich bereits im Schlafsack sitzend zu mir nahm, gegen 18.30 Uhr schlafen.
Die Nacht war lang und kalt, da ich im Gegensatz zu Xavi nur meinen Sommerschlafsack dabei hatte
Tag Drei:
Morgens wurden wir mit der Aussicht begrüsst, die auf dem ersten Foto dieses Blogeintrags, dem Panorama, zu bestaunen ist. Dies ist wiederrum ein Blick in unsere Schlafhöhle, in der Xavi sich gerade auf den neuen Tag vorbereitet:
Es standen zunächst zwei weitere 3000er an, sowie der lange Rückweg zum Auto. Zunächst ging es runter zum Gletscher, und von dort direkt zurück zum Coll Lady Lister.
Der erste 3000er des Tages war der leichte, 3235m hohe Pico Central, der uns eine gute Aussicht auf das Tal bot, von dem aus wir am Tage zuvor losgegangen waren.
Um auf den 3219m hohen Montferrat zu gelangen bedarf es einer recht langen Gratwanderung, die vom Pico Central aus nicht einfach aussieht. Ein guter Teil des Grats ist aus Marmor, heisst Marmolera und fällt sowohl nach Osten, und ganz besonders nach Westen steil einige hundert Meter tief hinab. Am Westfusse der Marmolera ist nebenbei erwähnt der Ort, an dem wir am Vortage die letzte Pause vor der Moskowa machten.
Schattenspiele auf dem Weg zur Marmolera |
Marmolera mit Montferrat im Hintergrund |
Konzentration |
Die Gratwanderung war ziemlich eindrucksvoll, auch wenn auf diesem Foto nicht gut die damit verbunden Tiefen zur Geltung kommen. Zum Glück war es bei Weitem nicht mehr so windig wie noch am Vortag. Nach 30 Minuten kamen wir am Gipfel des Montferrats an, der uns sehr schöne Blicke in die umliegenden Täler ermöglichte. Der Rückweg über den Grat machte bereits weniger Angst, und nach 20 Minuten waren wir wieder an den Rucksäcken.
Nun galt es, 1400 Meter an Höhe zu verlieren. Zunächst ging es den Gletscher hinab und, als dieser zuende war, auf einer Geröllhalde weiter. Bald wares uns möglich, auf einem mit Gras und Blumen bewachsenen Bergrücken weiterzugehen, wo wir unter Anderem auf diese Gesellen stiessen.
Schliesslich gelangten wir auf den Hauptweg, der von Süden kommend, die Baisselance-Berghütte im Norden aufsucht, an der wir dieses Mal nicht vorbeikamen. Wir folgten dem Weg nach Süden, talabwärts.An einem kleinen Stausee auf etwa 1800m bogen wir nach rechts in ein anderes Tal ein, das ebenfalls sehr idyllisch war. Es steigt bis auf 2338m an, wo man über einen Bergsattel ins Tal von Bujaruelo gelangt.
Idyllisches Tal mit unbewirteter Berghütte "Lourdes" |
Direkt hinter dem Bergsattel befindet sich, in einer Art Krater gelegen, ein sehr schöner Bergsee.
Ab hier mussten wir "nur noch" 1000m abwärts gehen um wieder zurück zum Auto zu gelangen, wo wir um kurz vor 19.00 Uhr ankamen. Hätten mir da nicht so sehr meine Füsse wehgetan, hätte ich sicherlich ein Grinsen im Gesicht gehabt.
Ginster der ganze Berge färbt |
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