Mar 29, 2009

Fracaso Mulières

Xavi und ich hatten uns vorgenommen den 3010 Meter hohen Tuc de Mulières vom nördlichen Ende des Tunnels de Vielha aus zu besteigen. Obwohl sämtliche Wetterdienste für Samstag den 28.03. Regen - und in höheren Lagen Schnee - angekündigt hatten, sah es am Freitag nach einem Wochenende mit wirklich gutem Wetter aus. Keine Wolke trübte den Himmel und es roch nach Frühling. Wir beschlossen, dass es so schlimm nicht werden könne und machten uns direkt von der Arbeit aus auf den Weg in Richtung Vall d'Aran. Jenseits des neuen Tunnels de Vielha parkten wir das Auto auf 1400m an der Schneegrenze und begannen nach einem belegten Brötchen im Schein unserer Stirnlampen um 23:00 Uhr unseren Ausflug. Xavi mit Bergskiern und ich zunächst mit Steigeisen und später dann mit Schneeschuhen.
Zunächst ging es recht ebenerdig auf dem gefrorenen Schnee voran, erst ab der Pleta d'Horno, wo sich im Sommer ein Parkplatz befindet, begannen wir auch an Höhe zu gewinnen, wobei wir an einem Lawinenüberbleibsel nach dem Anderen vorbeikamen. Zwei dieser alten Lawinen waren wirklich imposant. Die erste hatte unzählige Bäume mitgerissen, deren Reste wirr aus dem Schnee herausragten. Die zweite hatte grosse Eisblöcke ins Tal bugsiert, um die wir einen Bogen machten mussten. Da es jedoch während unseres Aufstiegs dunkel war, sahen wir die wahren Ausmasse der Lawinen erst am nächsten Tag während des Abstiegs.
Unser Weg ging von oben rechts im Bild nach unten links; Parkplatz, Biwakplatz und Umkehrpunkt hervorgehoben
Bis vor etwa zwei Wochen war das Lawinenrisiko in den Pyrinäen noch deutlich erhöht, doch hatte die Hitze der letzten Tage dafür gesorgt, dass sich der Schnee setze. Ansonsten hätten wir den Ausflug durch dieses Tal auch nicht beschlossen, denn es ist berüchtigt für die vielen dort abgehenden Ereignisse.Etwa um 01:00 Uhr fanden wir einen guten Biwakplatz im Windschatten eines aus dem Schnee ragenden Felsens. Sämtliche Bergflanken befanden sich in sicherer Distanz und Xavis Höhenmesser zeigte genau 2000m. Ein Blick auf die Karte liess vermuten, dass wir uns auf einem kleinen Plateau direkt unterhalb des Sees (Lac deth Horno) befanden. Das sollte für heute reichen.

Etwa um 02:00 Uhr schliefen wir bei sternenklarem Himmel ein. Morgens um 05:00 fing es an zu schneien. Gegen 07:00, als es bereits hell war, standen wir widerwillig auf. Ausserhalb der Schlafsäcke war es noch ungemütlicher als drinnen.
Biwakplatz
Guten Morgen!
Xavi überliess mir die Wahl, ob wir weiter auf- oder wieder absteigen sollen. Ich plädierte für den Versuch den Gipfel zu besteigen. Trotz des Schneefalls hatten wir eine akzeptable Sicht. Dies änderte sich jedoch ziemlich bald. Die meiste Zeit während des Aufstiegs sahen wir eigentlich gar nichts. Unsere gesamte Umwelt war einfach nur weiss. Da es auf dem frisch gefallenen Schnee keinerlei Spuren gab fehlte es an Kontrasten und es war für den jeweils vorangehenden unmöglich zu sehen, wohin der nächste Schritt geht. An einem Punkt fiel Xavi auch tatsächlich einen halben Meter tief in ein kleines Loch, dass er nicht gesehen hatte. An einem anderen Punkt stach einer meiner beiden Stöcke ins Leere, da ich mich unmittelbar neben einer (ebenfalls nicht tiefen) Spalte befand, die eine Lawine verursacht hatte. Ab und zu lichteten sich jedoch die Wolken, was uns erlaubte etwas weiter zu gucken und so die Marschrichtung zu bestimmen. Ziemlich bald tauschte Xavi die Skier gegen Steigeisen und auf 2400m tat ich selbiges mit meinen Schneeschuhen. Nun war uns eigentlich schon klar, dass wir den Gipfel nicht mehr machen würden. Stattdessen hangelten wir uns in 100-Höhenmeter-Schritten den Berg hinauf. (na los, versuchen wir es noch bis auf 2500m!)
Auf etwas über 2600m klarte es dann wieder kurz auf, und es schien uns, dass wir von der Route abgekommen waren. Eigentlich hätten wir den Grat auf einer Höhe von 2844m, am Sattel "Coth d'Alfred" erreichen sollen, doch schien es uns, dass wir nun auf dem Weg zum Sattel des nächsten nördlich gelegen Gipfels waren.
Kurz vor dem Rückzug
Wir beschlossen, dass es definitiv zu gefährlich sei ohne Sicht auf dem Grat rumzukraxeln und sich eventuell beim Abstieg von selbigem zu irren, wodurch man sich plötzlich mit einer steil abfallenden Wand konfrontiert sehen könnte, und entschieden uns dazu umzukehren. Dies taten wir vorsichtshalber bevor wir den Grat erreichten, denn hat man den Gipfel erst vor Augen, so ist es leicht sich auch noch das restliche Bisschen Mut zuzusprechen.

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